Tauchgang

Die Wellen türmen sich, leichte Gischtkronen vor sich hertragend, brechend am Bug des Schiffes.
Bald, bald wird man eintauchen in die kühlenden Fluten. Die Schwerelosigkeit bereits im Kopf quält man sich in den Neopren- Anzug. Wieder hat es einen Fingernagel gekostet.

Leise fluchend beendet man sein Anziehwerk. Überprüft die Anschlüsse, geht mit den anderen noch einmal die Zeichen durch und wischt sich mehr oder weniger heimlich den Schweiß vom Gesicht, den einem die unbarmherzige Sonne aus allen Poren treibt.
Keinen Windhauch lässt der Anzug an den Körper. Sehnsüchtig schielt man auf die kühlen Fluten. Wie lange brauchen denn die anderen noch? Am liebsten würde man sich den Anzug vom Leibe reißen. Die schwere Flasche am Rücken weglegen. Da kommt das erlösende Kommando.

Platsch… platsch… platsch… einer nach dem anderen taucht ins Wasser. Endlich findet man sich in den Fluten. Die Tarierweste aufgeblasen schaukelt man auf den Wellen. Die Sauerstoffflasche nun gar nicht mehr schwer. Seliges Erschauern. Erwartungsvolles Fibbern.
Kommandos um einen herum. Dann lässt man die Luft aus der Weste. Abwärts geht’s. Nach 2m ist selige Ruhe. Die unruhige See weit über einem. Mit Schlucken den Druckausgleich herstellen. Dann geht’s weiter abwärts.
Den goldgelb schimmernden Sand mit dem eingegrabenen Wellenmuster samtweich zwischen den Zehen spüren. Zwischen den Zehen, die frechwitzig aus den Flossen hervorblinzeln. Vergessen ist die Mühsal der Vorbereitung. Erwartungsvoll harrt man der weiteren Anweisungen.

Jetzt die Weste wieder auf 1m über den Meeresboden einrichten. Man schwebt. Seligkeit pur.
Mit samtweichen Flossenschlägen über den Meeresgrund gleiten. Jetzt ist man auf sich selber gestellt. Endlich frei… frei… frei… Mehr einatmen.
Man wird nach oben getragen. An der Korallenwand vorbei, der Moräne ins Auge geschaut, die Gänsehaut am Rücken gruseln gespürt. Die Sonnenstrahlen dringen hier 4m in die Tiefe. Was glitzert da im Sand, eng an ein Korallensteingebilde gelehnt, wie angeklebt? Man atmet aus …
Wird nach unten geleitet, dirigiert mit den Flossen die Richtung. Alles andere ist Schweben. Unten angelangt erkennt man einen Seestern. Wunderschön anzusehen im farbspielenden Luftwasserbläschengebilde. Weiter geht’s in schwebend-schwimmender Weise. Es mutet an wie  Meditation.

Schon findet man sich in einem Fischschwarm wieder. Auge in Auge mit buntschillernden, handgroßen , wunderbar anzusehenden Wasserwesen. 2m weiter gleitet ein Rochen majestätisch an der regenbogenfarben schimmernden Korallenwand entlang. Den Stachel furchterregend spitz, mit den Flossen wie ein Vogel im Gleichklang der Wellenbewegung des Wassers, ein Gefühl wie Samt und Seide.

Da berührt einen eine Hand. Reißt einen aus den gleitenden Träumereien.
Tauchgang beenden … Man hatte die Zeit total vergessen …


Copyright © 2007 Skulgerdat Jera

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