Der
kleine Zwerg
Es
war einmal ein kleiner Zwerg. Er war anders als all die anderen Zwerge,
denn er lebte alleine tief unter der Erde. Er lebte dort schon seit
einer Ewigkeit. Nur selten, und nur in der Nacht, wenn keiner ihn sah
verließ er seine Behausung und begab sich an die Oberfläche.
Er wusste nicht warum, aber manchmal verspürte er dieses Verlangen
den Mond und die Sterne anzusehen. Irgendwie zog die Nacht ihn manchmal
magisch an. Und immer wieder ging er, schon seit Jahren, an dieselbe
Stelle unten an den See. Er kletterte auf den großen Baum und
guckte in den großen, weiten Himmel.
Auch heute war es soweit. Er spürte es. Bald würde es dunkel
sein und er würde wieder hinausgehen, auf den Baum klettern und
sich die Sterne ansehen.
Es war schon fast Mitternacht, als er den See erreichte. Es war ruhig
und friedlich. Er setzte sich auf einen Ast hin und spürte den
Wind, wie er mit den Blättern der Bäume spielte.
Er schaute herunter und sah den Mond im Wasser. Er erinnerte sich, wie
er versuchte,
den Mond aus dem Wasser zu fischen, um ihn mit nach Hause zu nehmen.
Aber als er in seiner Höhle, tief unter der Erde ankam, war der
Mond nicht mehr da. Er versuchte es beim nächsten Mal wieder, bis
er verstanden hatte, dass der Mond nur am Himmel oder in dem See, aber
nicht bei ihm in der Höhle wohnen kann. Deswegen freute sich der
kleine Zwerg jedes Mal, wenn der Mond mit seinen Sternen ihn
begrüßte. Er liebte es, auf dem Baum zu sitzen und der Nacht
zu zuhören.
Als er nach Hause gehen wollte, bemerkte er plötzlich etwas.
Obwohl er schon mehrere Male an diesem Ort war, hatte er hier so etwas
noch nie gesehen. Es war hell wie der Mond, aber irgendwie auch anders.
Zuerst wollte er weglaufen. Doch seine Neugier war stärker als
seine Angst. Langsam und sehr vorsichtig bewegte er sich in die
Richtung des Lichtes.
Als er ankam, sah er, dass es schlief. Er wusste nicht was es war, denn
er hatte noch nie so etwas gesehen. Er streckte seine kleine Hand aus
um es zu berühren. Sein Herz schlug schneller und schneller. Er
hatte Angst es zu tun, denn er wusste nicht was passieren würde.
Doch ein Teil von ihm wollte es unbedingt, und schließlich tat er
es.
Als er das Licht berührte zuckte es ganz schnell zusammen und
wollte weglaufen.
Doch der kleine Zwerg sagte: „ Habe keine Angst, ich will dir nicht weh
tun. Laufe bitte nicht weg “.
Es überlege kurz und blieb stehen.
„Wer bist du? “, fragte das Licht den kleinen Zwerg.
„Ich bin ein Zwerg und wohne tief unter der Erde. Und wer bist du?“
„Ich bin ein kleines Stück vom Tag und habe mich in der Nacht
verlaufen. Und jetzt kann ich den Weg zurück nicht mehr finden.
Als die Sonne weg war, da wurde es dunkel. Dann war ich schnell
müde und bin eingeschlafen. Ich habe Angst, dass ich die Sonne nie
wiedersehe. Kannst du bitte bei mir bleiben?“
Der kleine Zwerg war verwundert, denn er hörte das Wort „Sonne“
zum ersten Mal, und auch den Tag hatte er noch nie gesehen.
„Wer ist die Sonne, und wo wohnt sie?“, fragte der kleine Zwerg.
„Die Sonne ist meine große Schwester. Sie ist hell, schön
und sehr warm. Sie passt immer auf mich auf, denn ich bin der kleinste
unter meinen Brüdern. Und ausgerechnet heute hat sie mich aus den
Augen verloren, und ich habe mich verlaufen. Ich war noch nie ohne
meine Schwester, und deshalb habe ich auch Angst. Bitte, kleiner Zwerg
bleib bei mir, bis die Sonne wieder kommt“.
Obwohl der kleine Zwerg zurück in seine Höhle wollte, konnte
er den kleinen Kerl nicht alleine zurücklassen.
„Mir ist irgendwie komisch, sagte der Tag.
„Bestimmt ist dir kalt“, antwortete der Zwerg, nahm seinen Schal und
wickelte den Tag damit ein. „Füllst du dich besser?“
„Ja, es geht mir schon viel besser. Danke, dass du geblieben bist und
nicht weggingst.“
„Ich bin so müde. Komm wir schlafen unter dem großen Baum“,
antwortete der kleine Zwerg.Als der kleine Zwerg aufwachte, sah er, wie
der Tag vor Freude herumsprang und lachte.
„Sieh nur, sieh nur, meine große Schwester, die Sonne, kommt, um
mich zu holen.
Er sah in den Himmel. Der Mond und die Sterne waren nicht mehr zu
sehen, doch stattdessen kam etwas Schönes und Warmes.
„Das ist also die Sonne“, sagte der kleine Zwerg.
Er sah den Tag an und freute sich mit ihm auf seine große
Schwester.
Copyright © 2005 Alexander Kaiser
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