Menschheit, quo vadis?

Der Mensch, der sich gern nennt "Beherrscher der Natur",
Begnügt sich nicht, sie zu beherrschen nur.
Er hat sich eine zweite Natur gebaut
Und nur auf diese er vertraut.

Die erste Natur, so sagt man, habe abgedankt.
'S ist müßig, wenn man, ob dies richtig sei, sich zankt.
Es sieht doch jeder, der mit offnen Augen geht,
Dass alles sich um diese zweite dreht.

Im Grunde wäre denn auch nichts dagegen einzuwenden,
Dass sich der Mensch schafft seine eigne Welt,
Liegt doch die Macht dazu in seinen Händen.
Nur dass sie, wie sie ist, uns nicht gefällt.

Es quält uns gar zu oft ein Unbehagen
Und jeder Tag beschert uns neue Fragen.
Doch wie sie wirklich lösen? Keiner weiß es.
Wir stehen scheinbar vor der Quadratur des Kreises.

Um aus solch vertrackter Malaise noch herauszufinden,
Muss Erfindergeist mit tiefrer Weisheit sich verbinden.
Wird auch Stück für Stück die Natur verdrängt,
unverändert doch alles an ihren Gesetzen hängt.

Wissenschaft, Technik, Kultur, Religion -
hier sind wir nur deshalb so ratlos und bang,
Weil uns fehlt ein Zusammenhang.
Doch sehn wir näher hin: Es gibt ihn schon.

Ein Zusammenhang sich dadurch zeigt -
Wiewohl in Zeit und Raum sehr weit verzweigt -,
Dass, was in Einzelbereichen wird getan,
Der Menschen Wohlfahrt nützt oder führt auf schiefe Bahn.

Wir ändern die von uns geschaffnen Dinge immerdar.
Des Lebens innerste Gesetze aber sind unwandelbar.
O Menschheit, bleibt dir noch zu lernen Zeit,
Oder drehte sich das Rad des Schicksals schon zu weit?

März 1981

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